Emme trockenAusgetrocknete Emme bei Schalunen (Bild: Fischereiinspektorat des Kantons Bern 2018)

Wegen der Klimaerwärmung werden die Sommer tendenziell trockener und wärmer, die Winter regenreicher und schneeärmer. Dies bestätigen die 2018 publizierten Klimaszenarien www.ch2018.ch. Für die Fische in der Schweiz ist diese Entwicklung einschneidend, wie der Trockensommer 2018 eindrücklich gezeigt hat.
Im Rahmen des «Pilotprogramms Anpassung an den Klimawandel» finanziert der Bund Projekte mit dem Ziel, neue Lösungsansätze zu entwickeln. Zusammen mit den Kantonen Aargau, Baselland, Bern, Freiburg, St. Gallen und Uri sowie dem Schweizerischen Fischerei-Verband hat das Schweizerische Kompetenzzentrum Fischerei SKF das Projekt «Wasserbau und Fischerei im (Klima-)Wandel» entwickelt. Unter der Leitung von Adrian Aeschlimann, Geschäftsführer des SKF, wird es in den Jahren 2019 bis 2021 umgesetzt.
Das Projekt hat zum Hauptziel, dass einheimische Fischarten auch bei Niederwasser und Wärme Lebensraum finden. Mittels Informationsveranstaltungen und Workshops sowie Veranstaltungen an den Gewässern will das Projekt folgende Wirkungen erzielen:

  • Der Wasserbau berücksichtigt beim Hochwasserschutz und Revitalisierungen zum Erhalt der einheimischen Fischarten künftig – sofern umsetzbar – die Variablen Niedrigwasser und Temperatur sowie Winterhochwasser.
  • Die kantonalen Behörden kennen die Massnahmen zum Erhalt der vorherrschenden Fischarten und wenden sie fachgebietsübergreifend an.
  • Die Fischereiverbände richten ihre Hegepraxis auf klimaangepasste, wirkungsvolle Massnahmen aus.
  • Die Fischer werden von Betroffenen zu Beteiligten.
Das Projekt ist gegliedert in fünf Teilprojekte:

Kanton Aargau: Wasserbau

Das Teilprojekt richtet seinen Fokus auf den Wasserbau und untersucht an verschiedenen Gewässern im Kanton Aargau, inwiefern die Aspekte Trockenheit und Wärme einbezogen sind. Die Berner Fachhochschule Burgdorf (Fachbereich Bauingenieurwesen, Lehrstuhl Wasserbau) begleitet das Teilprojekt wissenschaftlich. Es geht folgenden Fragen nach:

  • Wie müssen wasserbauliche Eingriffe für Hochwasserschutz und Revitalisierungen angesichts der Klimaszenarien umgesetzt werden, damit insbesondere die zunehmende Trockenheit und Wärme für kälte- und sauerstoffliebende Fische (insbesondere Bachforellen und Äschen) mittel- bis langfristig nicht zum existenziellen Problem werden?
  • Welche Massnahmen existieren und welche lassen sich wo im Kanton Aargau überhaupt realisieren?
  • Welche Aussagen und Vorgaben machen die aktuellen Grundlagen im Wasserbau zu diesem Thema?
  • Welche umgesetzten Projekte dienen bezüglich der kälte- und sauerstoffliebenden Zielarten im Kanton Aargau als Vorzeigeobjekte und welche würde man heute anders umsetzen?
  • Welche Empfehlungen lassen sich aufgrund der heutigen Erkenntnisse im Lichte der klimatischen Veränderungen für die Zukunft formulieren?

Am Teilprojekt beteiligt sind seitens des Kantons Aargau die Abteilung Landschaft und Gewässer, die Sektion Jagd- und Fischerei und die Kantonale Fischereikommission sowie der Aargauer und der Schweizerische Fischereiverband. Teilprojektleiter ist Adrian Aeschlimann (SKF).

Kanton Baselland: Die Ergolz als Forellengewässer erhalten

Das zweite Teilprojekt geht an der Ergolz im Kanton Baselland der Frage nach, wie ein bestehendes Forellengewässer trotz Klimaerwärmung als solches erhalten werden kann. In der Pilotregion werden für die erwartete Temperatur-Entwicklung der nächsten Jahrzehnte Lösungen gesucht, damit der Fluss von Liestal aufwärts trotz der zu erwartenden klimatischen Entwicklung wie bisher primär Forellen beheimatet. Nebst allfälligen Lebensraumaufwertungen und genügend Beschattung wird das Augenmerk insbesondere auf genügend Wasserführung zur Überbrückung von niederschlagsarmen Perioden gerichtet.
Am Teilprojekt beteiligt sind die Jagd- und Fischereiverwaltung sowie Vertretungen aus der Bau- und Umweltschutzdirektion sowie der Kantonale Fischereiverband Baselland. Teilprojektleiterin ist Barbara Berli (Uni Basel, Mitglied Fischereikommission Kanton Baselland).

Kantone Bern und Freiburg: Wie weiter an der Sense?

Die Kantone Bern und Freiburg führen an der Sense gemeinsam das dritte Teilprojekt durch. Wie eine Untersuchung aus dem Jahr 2018 zeigt, sind dort trotz naturnaher Bedingungen die Bachforellen wegen zu hoher Temperaturen und Fischkrankheiten unterhalb von Zumholz in der Nähe von Plaffeien mehrheitlich verschwunden. Die Fischereibehörden haben deshalb beschlossen, den Besatz mit Jungfischen auf das Gebiet oberhalb von Zumholz zu beschränken. Gleichzeitig wird die Entwicklung der Fischbestände in Sense und Schwarzwasser in den kommenden Jahren vergleichend überwacht.
Zusammen mit den kantonalen Behörden und Verbänden sowie den betroffenen Fischereivereinen geht das SKF folgenden Fragen nach:

  • Was bedeutet es für die Fischer, wenn angestammte Arten verschwinden und neue Arten auftauchen?
  • Sollen sich die Fischer mit dieser Situation abfinden und das Fischen in der Sense lassen oder sich auf die neuen Arten spezialisieren?
  • Können sie mithelfen, die Situation zu verbessern?

Am Teilprojekt beteiligt sind die Fischereibehörden der Kantone Bern und Freiburg, je eine Vertretung Kantonalen Fischereiverbände von Bern und Freiburg, je eine Vertretung aus lokalen Fischereivereinen beider Kantone und Fachexperten. Das Teilprojekt wird geleitet von Adrian Aeschlimann, SKF.

Auswirkungen auf die behördliche Praxis

Die zu erwartenden klimatischen Veränderungen werden auch Auswirkungen auf die Arbeit der Fischereibehörden in den Kantonen haben. Das vierte Teilprojekt geht folgenden Fragen nach:

  • Wie lassen sich die Entwicklungen antizipieren und wie können die Behörden der Kantone voneinander lernen?
  • Welche Elemente der heutigen Praxis geben angemessene Antworten auf die klimatischen Veränderungen und welche sind zu überdenken?
  • Inwiefern ändert sich die Praxis der Kantone und welche Auswirkungen hat dies auf die heutigen Organisationsstrukturen (z.B. Betrieb von Aufzuchtanlagen)?
  • Welche Wissenslücken müssen geschlossen und welche Entscheidgrundlagen erarbeitet werden (z.B. Anpassung der Fische an die Wärme, Effekte von Abfischungen, usw.)?

Das Teilprojekt wird umgesetzt durch das SKF in enger Absprache mit dem BAFU und der Jagd- und Fischereiaufseherkonferenz der Kantone.

Teilprojekt des Schweizerischen Fischerei-Verbandes

Ein weiteres Teilprojekt unter der Leitung des Schweizerischen Fischerei-Verbandes SFV hat zum Ziel, die Hegepraxis der Fischer an den Klimawandel und die zu erwartenden Veränderungen anzupassen. Das Pilotprogramm soll Fischerinnen und Fischern aber auch Behörden die Bedeutung von vernetzten und dynamischen Gewässern aufzeigen. Es bietet Gelegenheit, fischereiliche Botschaften zu platzieren und die Wegleitung «Fischer schaffen Lebensraum» zu positionieren. Folgende Fragen sollen beantwortet werden:

  • Welche Chancen bietet die Entwicklung den Fischerinnen und Fischern?
  • Was bedeuten die Veränderungen für das Vereinsleben welche Hegetätigkeiten der Fische am Gewässer sind wirkungs- und sinnvoll?
  • Welche Eingriffe sind sinnvoll, um lokale Populationen zu erhalten (z.B. Kaltwasserzonen, Frischwasserzufuhr, Abfischungen usw.)?
  • Gibt es bezüglich Bachforellen und Äschen noch weitere Möglichkeiten als die heute bekannten?
  • Welche Anpassungen braucht es in der Ausbildung (z.B. Modul Klimaerwärmung bei SaNa-Ausbildung).

Das Teilprojekt wird geleitet von Philipp Sicher, Geschäftsführer des Schweizerischen Fischerei-Verbandes SFV.

Präsentation